Es war erst sein zweites Heimspiel als Trainer des FC Schalke 04, doch als die Partie gegen die SV Elversberg zu Ende, sah Karel Geraerts Historisches: Während sich seine Spieler nach der peinlichen 1:2 (1:2)-Niederlage wüste Pfiffe abholten, feierten die Elversberger aus dem 12.700-Einwohner-Dörfchen den größten Abend ihrer Vereinsgeschichte.
Schalke erlebte den nächsten Tiefpunkt einer nicht enden wollenden Folge an Tiefpunkten, und Geraerts nahm sich seine Mannschaft vor. „Heute waren nur ein, zwei, drei Spieler auf einem akzeptablen Niveau. Dann ist es unmöglich, Spiele zu gewinnen. Spiele zu verlieren, das kann ich akzeptieren. Aber nicht auf diese Art. Deshalb bin ich sehr verärgert“, sagte der 41 Jahre alte Trainer.
Vor allem für die Leistung in den ersten 30 Minuten störte Geraerts sehr - Elversberg war durch Paul Stock (7.) und Jannik Rochelt (21.) in Führung gegangen. Beide wurden so wenig gestört wie bei einem Herbstspaziergang.
„Der Respekt vor unserem Gegner hat gefehlt. Wir waren nicht bereit dafür, Fußball gegen Elversberg zu spielen. Die Intensität hat gefehlt, auch in den Zweikämpfen waren wir nicht gut genug. Das war klar zu sehen“, schimpfte Geraerts. Aber nicht ohne Selbstkritik: „Ich bin verantwortlich dafür, was die Mannschaft zeigt, deshalb bin ich der erste, der in den Spiegel schaut. Ich hoffe, dass es die Spieler auch machen.“
Schalkes Bester war Kenan Karaman - er verkürzte in der 35. Minute per Kopf auf 1:2, schoss acht Mal aufs gegnerische Tor, spielte weiter, obwohl er nach einem Zusammenprall am Kopf blutete und fortan einen königsblauen Turban trug. „Wir sind an einem Punkt, an dem sich jeder hinterfragen muss, ob er alles gegeben hat heute“, seufzte Karaman frustriert. „Wir hatten eigentlich sehr viel Selbstvertrauen. Es ist schwer zu erklären, warum wir die ersten 30 Minuten so angegangen sind.“
Die erste halbe Stunde schockierte - aber genauso, dass die Königsblauen in der Schlussphase nichts mehr zuzusetzen hatten. Auch in den acht Minuten Nachspielzeit kamen die Schalker nicht mehr gefährlich vor das Elversberger Tor - einige der 61.110 Zuschauer verließen das Stadion vorzeitig. Geraerts‘ Analyse war eindeutig: „Uns hat der Glaube gefehlt. Von der ersten Minute haben wir nicht an den Sieg geglaubt, nach dem ersten Tor nicht an den Ausgleich. Das war der größte Unterschied zwischen den beiden Mannschaften.“
So deutlich Geraerts die Fehler ansprach - so leise genoss Elversbergs Trainer Horst Steffen den Coup in der Arena. „Es war ein tolles Spiel, ein tolles Erlebnis für unsere Mannschaft und den Verein. Was die Jungs reingeschmissen haben, war bemerkenswert. Wir haben 21 Punkte, das ist für uns toll“, sagte Steffen bescheiden. Elversberg ist Schalke in der Tabelle enteilt. Wer hätte das vor zwei Jahren gedacht?